Roadtrip Südwesten der USA

Wild West Kakteen

Der Grund für unseren Stop in Tucson ist der Saguaro (sprich Suar-oh) Nationalpark. Er ist Teil der Sonora Wüste und ein Schutzgebiet für den Saguaro Kaktus, der nur in dieser Gegend vorkommt. Er ist das Rolemodel aller Comic-Kakteen – grün, groß und Arme.

Es geht früh los, denn die Temperatur steigt hier exponentiell.

Wir sind die ersten am Parkplatz des Visitor-Centers, das noch gar nicht offen hat, aber wir treffen einen Ranger, mit dem wir kurz sprechen.

Eine Tafel gibt Regeln für den Besuch des Parks. Wenn die erwartete Temperatur 38°C erreicht, dann soll man alle Wanderungen, die länger als eine Meile sind um 10 Uhr Vormittags beendet haben. Schützende Kleidung und eine Menge Wasser sind erforderlich. Wenn das Wasser zur Hälfte aufgebraucht ist, heißt es umdrehen. Man darf nicht vergessen in dieser heißen und extrem trockenen Umgebung verliert man pro Stunde 1/4 Liter Wasser nur durch das atmen.

Das erste Stück bewältigen wir mit dem Auto, dann geht es auf den ersten Walk, um den Ausblick über den Park zu erhaschen. Wir spazieren zwischen Mesquite, Prickly Pear und Palo Verde den Hügel hinauf.

Ein Saguaro kann gute 15 Meter hoch werden, bis zu 7 Tonnen wiegen und 150 Jahre alt werden. Eine teiefe Wurzel stabilisiert ihn, flache Wurzeln sammeln Wasser, von dem er bis zu 800 Liter speichern kann.

Die normale Wachstumsrichtung der Arme ist aufwärts, doch manchmal gibt es Ausreißer.

Sie sind mit Stacheln und einer Wachsschicht überzogen, zum einen um den Wasserverlust zu reduzieren und zum anderen um Fressfeinde abzuwehren. Alter, Kälte und Blitzschlag können ihnen den Gar ausmachen, ansonsten gibt es wenig, was ihnen wirklich schaden kann.

Wenn sie Wasser aufnehmen, können sie sich durch ihre ziehharmonikaartige Oberfläche ausdehnen.

Im Inneren haben sie eine hölzerne Struktur, die sie stützt. Sie reicht bis in die Arme. Sie bleibt länger bestehen als der Rest eines abgestorbenen Kaktus, was manchmal recht bizzar aussieht.

Wir erreichen das Ende des Trails um 9 Uhr und es hat bereits 30°C.

Von hier genießen wir den Ausblick auf eine Ebene voll von tausenden Saguaro-Kakteen. Und dass die Steinbank am Morgen noch kühl ist.

Der Nationalpark besteht aus zwei Teilen, Ost und West. Sie werden durch die Stadt Tucson mit rund 500.000 Einwohnern voneinander getrennt.

Ein unscheinbarer Steinehaufen entpuppt sich als ein alter Versammlungsort, an dem Petroglyphen, rund 10.000 Jahre alt, zu finden sind.

Am Weg zurück zum Ausgangspunktes des Trails haben wir das Glück, einen blühenden Fishhook Barrel Kaktus zu finden.

Doch damit nicht genug der Funde, die uns erfreut haben. Der Prickly Pear ist ein Kaktus, der hier sehr häufiger zu finden ist. Seine Früchte gehören zur Nahrung vieler Tiere in dieser Wüste.

Über eine weitere Staubstraße geht es an einen Picknick-Platz, den wir ganz für uns alleine haben. In der kleinen Steinhütte suchen wir Schutz vor der Sonne.

Das Dach ist aus den hölzernen Strukturen aus den Saguaros gemacht, ein wirklich nettes Detail. Man kann erkennen, wie sie miteinander verwachsen sind, um mehr Stabilität zu erreichen.

Wohl das Highlight unserer Entdeckungen ist eine Blüte auf einem der meterhohen Saguaros. Die kleine trichterförmige weiß-grüne Blüte auf dem linken Arm ist von unten nur schwer zu sehen.

Auf einem der Lehrpfade finden wir einen Hinweis, dass jemand die letzte Nacht wohl zur Beute wurde.

Kurz nach Mittag haben wir schon 38°C und beschließen die Outdoor-Aktivitäten für heute einzustellen.

Am Weg nach Hause kommen wir an der Davis-Monthan Air Force Base vorbeit. Sie beheimatet das berühmte Aircraft Boneyard, offiziell die 309th Aerospace Maintenance and Regeneration Group. Es ist das weltweit größte Lager für ausgemusterte Militärflugzeuge. Das trockene Wüstenklima von Arizona verhindert Korrosion, was den Standort ideal für die Lagerung, Wartung und Demontage von Flugzeugen macht. Einmal im Monat gibt es die Möglichkeit an einer Führung teilzunehmen, leider nicht heute.

Das Boneyard dient nicht nur als Lagerstätte, sondern auch als Quelle für Ersatzteile, Wiederverwertung von Materialien und gelegentliche Reaktivierung von Flugzeugen. Über 4.400 Flugzeuge verschiedener Typen, von Kampfflugzeugen bis zu Transportmaschinen, werden hier aufbewahrt. Zum Teil sind alle Öffnungen mit Folie abgeklebt, wie die Spalten im Leitwerk.

Die Sonne geht zwar unter, eine gute Nacht können wir aber noch nicht wünschen. Heute Nacht sollen Nordlichter in Arizona sichtbar sein und wir planen ein paar Stunden Schlaf gegen die Chance diese zu sehen einzutauschen.

Stahl, Rost und Ruhe

Tucson verabschiedet sich von uns mit einem blühenden Palo Verde Baum, direkt an der Tankstelle, an der wir unsere Reise Richtung Westen starten. Die Rinde dieses Baumes bleibt ein Leben lang grün, was ihm auch den Namen gegeben hat, denn Verde steht für grün.

Es geht quer durch Arizona und auch heute sind es etliche Meilen, die uns von unserem Ziel trennen. So entscheiden wir uns wieder für die Interstate, zuerst die 10 und dann die 8.

Als wir die Interstate 8 erreichen baut sich vor uns eine Staubwolke auf und die Fahrzeuge werden langsamer. Ist das einer der Duststorms, vor denen immer wieder gewarnt wird? Das Foto zeigt nicht wirklich die tatsächliche Menge an Staub, die über die Fahrbahn zieht. Am linken Straßenrand entdecken wir die Ursache für all den Staub, eine Off-Road Strecke, die steil einen sandigen Hügel hinaufführt und etliche Fahrzeuge versuchen diesen zu bezwingen. Dabei wirbeln sie so viel Staub auf, dass die Sicht für uns beeinträchtigt ist. Glück gehabt, kein Staubsturm.

Wir erreichen Yuma, Arizona, eine Stadt direkt an der Grenze nach Kalifornien. Obwohl diese Stadt eher unspektakulär ist, haben wir doch eine ganze Liste an Dingen, die wir hier erledigen wollen.

Nummer eins, volltanken. Gleich hinter der Grenze kostet der Sprit fast 80% mehr.

Nummer zwei, auch uns mit Treibstoff versorgen. Dafür hat unsere Navigatorin einen Sandwichladen in der Stadt auserkoren.

JT Brother, eher als Hole in the Wall zu bezeichnen, einem unscheinbaren Lokal, dass aber wirklich gutes und lokales Essen anbietet. Dieses hier hat sich auf warme Sandwiches spezialisiert.

Babsy bekommt eine Variante eines Philly Steak Sandwiches. Steakscheiben mit Käse im Original, hier mit etwas mehr Gemüse, eine ausgezeichnete Wahl. Arno entscheidet sich für das vegetarische Karfiol Steak mit Chipotle Mayo, Avocado und sauer eingelegten roten Zwiebeln. Der Knaller! So gut, dass wir beschließen es morgen nachzukochen.

Nummer drei, gleich außerhalb von Yuma gibt es ein Testgelände der US Army.

Der Yuma Proving Ground (YPG) ist ein großes militärisches Testgelände der US-Armee in der Sonora-Wüste. Es umfasst eine Fläche von rund 3.400 Quadratkilometern und wird hauptsächlich zur Erprobung von Waffen, Munition, Fahrzeugen und anderen militärischen Technologien unter extremen Wüstenbedingungen genutzt.

Die Zufahrt flankieren zwei riesige Haubitzen, dahinter erreicht man das Besucherzentrum.

Hier gibt es etwas ganz besonderes, ein einmaliges Fahrzeug, das es nicht über die Testphase geschafft hat, den TC-497 Overland Train.

Der TC-497 Overland Train war ein experimentelles, radgetriebenes Fahrzeug, das in den 1950er und 1960er Jahren von der US Army entwickelt wurde. Es sollte als Geländetransportmittel in abgelegenen Gebieten ohne Straßeninfrastruktur dienen. Der Overland Train bestand aus einem riesigen, modularen Konvoi, bei dem mehrere Anhänger von einer zentralen Einheit gesteuert wurden. Er war mit einer Gasturbine ausgestattet und hatte eine Länge von 174 Metern, was ihn zu einem der längsten geländegängigen Fahrzeuge machte. Es war geplant den TC-497 später mit einem nuklearen Antrieb auszustatten.

Das Projekt wurde schließlich eingestellt, da Helikopter und schwere Lastflugzeuge eine bessere Lösung boten. Der TC-497 bleibt aber ein beeindruckendes Beispiel für das technische Streben nach Lösungen für extreme logistische Herausforderungen.

Für die Nerds unter euch gibt dieses Video einen tollen Überblick zu dem Fahrzeug.

Dieses Fahrzeug steht innerhalb der Militärbasis. Also haben wir vorab versucht, eine Genehmigung zu bekommen, um diese zu betreten und Bilder vom TC-497 zu machen. Für Ausländer ist das nicht so einfach, denn es gibt einige Anforderungen an Besucher, deren Erfüllung es zu beweisen gilt.

Leider war es uns nicht möglich diese Genehmigung zu bekommen, die PR-Abteilung der US Army war da nicht sehr kommunikativ. Dass wir an einem Samstag Nachmitag hier sind, hat wahrscheinlich auch nicht geholfen.

So bleibt uns nur die kleine Ausstellung außerhalb der Anlage. Die Sonne brennt erbarmungslos mit 39°C vom Himmel.

All diese Geräte wurden hier auf Herz und Nieren getestet. So auch der M47 Panzer, der in den 1960er Jahren auch im österreichischen Bundesheer seinen Dienst versah, mit einem Benzin-Verbrauch von 700 Liter auf 100 km. :-0

Auch Raketen gehören zum Repertoire.

Hier am West-Gate endet unser Ausflug zum Yuma Proving Ground, wir kommen leider nicht hinein.

So reiht sich der TC-497 in die Gruppe der Dinge ein, die wir leider nicht gesehen haben. Das Fahrzeug ist mit Big Horn Schafen und dem Erdäpfelmuseum in Idaho in guter Gesellschaft.

Wir erreichen Kalifornien. Wie mit einem Schnitt sieht man auf der Straße keine Pick-Ups mehr, die Anzahl der Teslas geht durch die Decke. Hier fährt man kleine Autos.

Nächstes Ziel ist der Anza-Borrego State Park in der Nähe von San Diego (in amerkanischen Maßstäben, es sind rund 90 Meilen). Hier gibt es tolle Wanderwege und (angeblich) Big Horn Schafe.

Leider haben wir zu wenig Zeit, um uns den Park wirklich anzusehen, aber es gibt etwas, dass man auch im Vorbeifahren sehen kann, die Metallskulpturen.

In Reminiszenz an die paläontologischen Funde in der Region gibt es Mammuts zu entdecken.

Auch die Wildpferde stehen in der Wüste.

Ein Rabe hockt in seinem Nest, überlebensgroß. Die Mammuts und Wildpferde waren to-scale. Das sind nur ein paar der Skulpturen, die man entdecken kann, wir haben einigen davon leider nicht gefunden.

Über die Berge verlassen wir den Park Richtung Westen.

Am Nachmittag erreichen wir die kleine Stadt Ramona, wo wir etwas außerhalb in den Bergen die letzten Tage dieser Reise verbringen werden.

Das Haus bietet uns Ruhe und Erholung am Ende des Trips. Kaum zu glauben, dass wir schon über drei Wochen hier sind.

Mit diesem Sonnenuntergang wünschen wir eine gute Nacht.

 

Zum Pazifik und über den Atlantik

An der Zufahrt zu unserer letzte Unterkunft stehen unzählige Briefkästen, die zu den Häusern gehören, die weiter oben in den Bergen stehen.

Vier Tage verbringen wir hier, um uns eine Phase der Erholung nach all den Erlebnissen zu gönnen.

Vom Pazifik weht eine leichte, kühle Brise hinauf in die Berge, wodurch die Temperatur auf angenehme 25°C sinkt, vorbei die Zeiten mit 36 – 39°C. Laufend werden wir von Vögeln und Kaninchen besucht. Trotz ausgiebiger Beobachtung mit dem Feldstecher konnten wir keine größeren Tiere, wie Berglöwen, im Tal unter uns entdecken.

Die ersten beiden Tage war sonniges Traumwetter, doch seit zwei Tagen ist es durchgängig bedeckt, am Morgen ist unser Haus in den Wolken versteckt.

Am Abreisetag haben wir noch gute drei Stunden Fahrt bis zum Flughafen von Los Angeles vor uns. Nach all den Wüsten wollen wir den Pazifik sehen und fahren daher in Richtung San Diego und von dort über den Highway 101 nach Norden. Am Highway 101, zeitweise auch als Highway 1 bezeichnet, sind wir schon in Kalifornien, Oregon und Washington gereist. Er führt von Seattle bis nach San Diego, direkt an der Küste entlang. Diese Straße ist wirklich eine Reise wert.

In den Wellen und am Straßenrand hängen Surfer ab. Hier gibt es mehr Verkehrszeichen pro Meile als auf jeder anderen Straße, die wir je gesehen haben, unglaublich.

Wir spazieren als kurze Pause am Strand entlang.

Vor uns liegt der Pazifik, weiter nach Westen kommen wir nicht mehr.

Am Abend heben wir mit Verspätung ab und fliegen zurück in die alte Welt. Als der A-380 die Wolkendecke durchbricht, sehen wir doch noch einmal die Sonne, auch wenn sie schon hinter dem Horizont verschwindet. Es geht über den Atlantik und in etwa 12 Stunden sind wir wieder in der Heimat.

So endet unsere 4-wöchige Reise, die uns 5.000 Meilen (8.000 km) durch Kalifornien, Arizona, Utah, Colorado, New Mexico und Texas geführt hat. Über 18.000 Worte und fast 500 Bilder haben sie im diesem Blog festgehalten.

Vor uns liegt nun ein Jetlag von neun Stunden, ein Berg Wäsche und übervolle Postfächer.

Bis bald bei unserer nächsten Reise, für die wir in den letzten Tagen schon die ersten Pläne geschmiedet haben. Es war uns eine Freude, euch als Leser mit dabei gehabt zu haben, gute Nacht.

Babsy & Arno