Roadtrip Südwesten der USA

Ein goldener Herbst

Ein sonniger Morgen beginnt auf unserer Terrasse. Wir werden von einer Gruppe Truthennen überrascht, die aus dem Wald ganz nah an uns herankommen, keine 10 Meter von uns entfernt. Still beobachten wir sie bei der Suche nach Futter, bis sie langsam wieder in den Büschen verschwinden.

Gestern Abend hatten wir schon die Möglichkeit eine Hirschkuh mit ihrem Kalb gleich hinter dem Haus zu sehen. Etwas später konnten wir eine Schwarzbärmutter mit ihren beiden Jungen, keine 60 Meter von unserem Haus entfernt, beim Durchstreifen des Waldes beobachten. Laut Mike, unserem Vermieter, haben sie ein Reh, das von einem Auto erwischt wurde ein Stück weiter im Wald versteckt. Wir sind hier tief in der Wildnis.

Nach einem Tag des süßen Nichtstuns geht es heute wieder auf eine Entdeckungstour in die Ausläufer der Rocky Mountains.

Gestern wurde die Straße vor dem Haus neu asphaltiert, es hat gestunken und es war laut. Heute liegt dafür eine nigelnagelneue tiefschwarze Fahrbahn vor unserem Fenster.

Der erste Stop ist die Pinkerton Hot Spring, eine heiße Quelle, die zu unserer Überraschung direkt am Straßenrand liegt. Wir hatten zumindest mit einer kleinen Wanderung gerechnet.

Aus dem Felsen, der aus den Kalkablagerungen erwachsen ist, sprudelt oben das heiße Thermalwasser. Eine freche Elster springt um uns herum und kreischt uns an, als wir die Quelle umrunden.

Es geht weiter in den San Juan National Forest, der uns mit gold leuchtenden Blättern empfängt. Der Wald hier ist eine Mischung aus Laub- und Nadelhölzern, das Verhältnis ändert sich mit Höhe und Himmelsrichtung. Der Ausblick vom Deer Creek Outlook ist atemberauben schön.

Das goldgelb kommt zum einen von den Schwarzbirken, zum anderen von den Espen.

Am Lime Creek Overlook machen wir im Schatten der Bäume, die langsam beginnen ihre Blätter zu verlieren, eine kurze Mittagspause mit einem Sandwich.

Wir klettern kurvenreich immer weiter nach oben, bis zum Molas Overlook mit über 3.350 Meter.

Wir fahren den Million Dollar Highway entlang. Davon gibt es in den USA einige, meist sind es Straßen, die mit großem Aufwand gebaut wurden. Dieser hat keine Leitplanken oder ähnliche Begrenzungen, damit die Schneepflüge den Schnee einfach über die Kante schieben können. Bisweilen geht es fast senkrecht hunderte Meter nach unten.

Bis auf 3.500 m klettern wir hoch, besser gesagt Poidl erledigt das für uns.

In den San Juan Bergen wurden Gold, Silber, Blei, Zink und Kupfer abgebaut. Immer wieder sieht man alte hölzerne Minenkonstruktionen wie diese Rampe, um den Abraum zur Halde zu bringen.

Durch die kleine Stadt Silverton geht es weiter, von nun an bergab. Kurz halten wir am Bear Creek Wasserfall, der 62 Meter in die Tiefe stürzt.

Bald haben wir wieder die Ebene erreicht, die aber immer noch gut 2.000 m hoch liegt.

Für Babsy sind die goldgelb leuchtenden Wälder das Highlight der Reise, sie ist ganz hin und weg von den lebendigen Farben der Wälder.

Heute Früh hat Arno telefonisch wieder unzählige Reifenhändler, bis nach Santa Fe, New Mexico, erfolglos abgeklappert. Der Ersatzreifen läßt sich nicht rechtzeitig auftreiben. Wir sind immer schon weg, bevor er ankommen würde. Also fassen wir Beschluß, die letzte Option zu ziehen. Wir fahren zu O’Reillys, einem Autoteilehändler und kaufen einfach eine Dose Reifenreparaturspray für große Autos. Was solls, besser als nichts. Wir haben noch ein großes Stück Wüste mit Off-Raod Strecken vor uns und wollen auf Nummer sicher gehen.

Heute werfen wir den Griller auf der Terrasse an, es gibt Schweinskotlett mit grünem Spargel und Erdäpfelpüree.

Plötzlich raschelt es im Wald und die für den Winterschlaf rund gefressen Schwarzbärmama taucht mit ihren beiden Jungen gleich hinter dem Haus auf. Ob das Grillen eine so gute Idee war? Die Mutter kommt den Hügel nach unten bis auf zehn Meter an das Haus heran. Sie sehen sehr schlecht, hören und riechen aber gut. So wie der Wind bläst, kann sie uns wohl nicht riechen. Arno bleibt als letzte Möglichkeit, bevor sie direkt am Haus ist, laut zu schreien, damit uns die Bärin rechtzeitig bemerkt. Nichts ist schlimmer, als ein Bär, der überascht wird und sich zwischen Kampf oder Flucht entscheiden muss. Und tatsächlich, sie stoppt für einen Moment, reckt die Nase in die Luft und versucht uns zu erschnüffeln. Zum Glück beschließt sie umzukehren und zu ihren Jungen am Hügel zurückzukehren.

Alle drei sind sie sehr gut genährt, wohl auch weil sie in den letzten Tagen die Äpfel und Birnen von den Bäumen das Nachbarn verputzt haben. Gemeinsam ziehen sie langsam ab und verschwinden nach ein paar Minuten im Wald.

Die kurze Störung hätten wir dem Schweinefleisch am Grill gerne erspart, so ist es well-done und nicht zart rosa. Saftig und butterzart ist es trotz der Störung geblieben und auch auf unserem Teller und nicht im Bärenmagen gelandet.

Nun steht der Bärenspray in der Küche und liegt nicht mehr im Auto. 😉

Am Nachthimmel sind unzählige Sterne und die Milchstraße zu sehen, Zeit ins Bett zu gehen. Schlaft gut.

Schiff ahoi

Damit ihr auch einen Blick auf das gesamte Haus habt und nicht nur die Terrasse seht, wir bewohnen die linke Hälfte.

Wir wollten uns gerade mit dem Rucksack auf den Weg zu einer Wanderung am Seeufer entlang aufmachen, als Mike unser Vermieter fragt, ob wir mit ihm eine Runde Boot fahren wollen. Besser Boot gefahren, als gegangen!

Einmal über die Straße und schon sind wir in der Marina, wo wir an Bord der Black Dog gehen.

Mike als pensionierter Navy-Bootsführer schippert uns gemächlich über den See.

Die Wälder um den See werden ebenfalls schon gelb, keine Woche dauert es, dann ist der ganze Spuk vorbei. Wir sind hier auf etwa 2.000 m Höhe.

Das Wetter ist großartig, um die 20°, kein Wind und strahlend blauer Himmel.

Dieser Stausee dient als Wasserreservoire für die Umgebung.

Wir plaudern über die Tier- und Pflanzenwelt der Umgebung, wie sich die Jahreszeiten hier auswirken und die Bewohner mit Bären, Berglöwen und ähnlichen großen Tieren umgehen, bzw wie sie ihr Leben beeinflussen.

Hier gibt es keine Braun- oder Grizzlybären, die im Zusammenleben weitaus schwieriger sind, als die Schwarzbären. Sie verhalten sich Menschen gegenüber defensiv und weichen aus.

Der Wasserstand ist im Herbst um ein paar Meter niedriger als nach der Schneeschmelze und so gibt es ein paar etwas seichtere Stellen im See, der bis zu 30 Meter tief ist.

Ein großartiger Trip, vielen Dank an Mike für den Ausflug.

 

Auf nach Santa Fe

Es wird Zeit, die Pause zu beenden und wieder auf die Straße zu kommen. Wir machen uns auf, um Colorado zu verlassen und Richtung Süden nach Santa Fe, New Mexico weiter zu ziehen.

Wir erreichen Pagosa Springs, noch diesseits der Grenze in Colorado. Nebel hängt über dem Tal. Zum einen sind es die heißen Dämpfe der Thermalquellen (direkt voraus) und zum anderen ein geplanter und kontrollierter Waldbrand, mit dem das trockene Unterholz abgebrannt wird, um größere Feuerwalzen zu verhindern.

Wir entdecken einen Barber, bei dem den Herrn der Haar- und Bartschnitt mit einem Freibier versüßt wird.

Schon bald erreichen wir die Grenze zu New Mexico, mit dem typischen gelben Willkommensschild. Scheinbar inspiriert das knallige gelb die Leute Sticker auf das Schild zu kleben. Dieses ist kaum betroffen.

Bei diesem kann man gar nicht mehr erkennen, welchen Bundesstaat man gerade erreicht.

Es ist interessant, wie der Herbst je nach Höhe und Lage schon voll zugeschlagen hat, hier haben die Bäume schon die meisten Blätter fallen lassen.

Wir biegen auf den Highway 64 Richtung Osten ab und überqueren die San Juan Berge erneut. Diese Straße ist etwas einsam und die Schilder am Rand machen wenig Mut. Im Winter gesperrt, auf die nächsten 50 Meilen kein Mobilfunkempfang. Genau unsere Art von Straße.

Es geht wieder über die 3.000 m Marke nach oben und hier ist das gelb des Herbstes wieder voll da. Unzählige Kurven bingen uns über die Berge.

Von oben überblicken wir den Carson National Forest bei einer kurzen Mittagspause.

Nachdem wir ebensoviele Kehren bergab überwunden haben, erreichen wir die kleine Stadt Tres Piedras (drei Felsen) und wechseln auf den Highway 285 Richtung Süden. Die Landschaft ändert ihr Gesicht erneut, statt durch Bergwälder fahren wir nun durch eine Ebene mit Büschen und niedrigen Nadelbäumen.

Wir überqueren den Rio Grande. Ja wir hatten vom drittlängsten Fluss der USA (3.034 km) auch mehr erwartet. Er entspringt in den Rocky Mountains in Colorado, fließt durch New Mexico, wo wir ihn überqueren und bildet dann die Grenze zwischen Texas und Mexico, bis er den Golf von Mexico erreicht.

Wir erreichen Santa Fe, eine Stadt, wie wir sie meist meiden. Laut, voll, grell, chaotisch. Zum Glück ist unser Aufenthalt nur kurz. Primär sind wir hier zum Übernachten, womit wir nun auch eine gute Nacht wünschen.