Wieder begrüßt uns der Morgen im Big Bend Nationalpark mit einem großartigen Sonnenaufgang.
Heute wollen wir den Nationalpark auf eigene Faust erkunden und uns ein wenig der Flora widmen.
Schon gestern haben wir von der Sotol-Pflanze gehört. Sie wurde von den Ureinwohnern vollständig genutzt. Der lange Stab ist ein Stück überraschend festes Holz, das für Werkzeuge und Waffen genutzt wurde. Auch heute wird es noch als Wanderstab, der besonders leicht, jedoch stabil ist, genutzt. So um die $15 – 20 kostet ein bemalter Stab, leider etwas zu groß zum Mitnehmen. Aus den Blättern wurden wasserdichte Körbe geflochten. Die Stiele der Blätter liefern Fasern, aus denen man Seile herstellen konnte. Die Wurzel wurde für mehrere Stunden mit glühenden Kohlen vergraben, um sie so durchzugaren. Danach konnte sie verzehrt werden. Außerdem wurde und angeblich wird mmer noch, eine Art rauchiger Tequila aus der Wurzel gegoren.
Arno hat den Ocatillio ins Herz geschlossen. Diese unscheinbaren braunen und stacheligen krummen Äste reichen weit in den Himmel.
Sobald die Pflanze ausreichen Feuchtigkeit zur Verfügung hat, wachsen tausende kleine runde Blätter eng am Stamm, immer im Schutz der Dornen.
All das tut die Pflanze nur, um ausreichend Energie für das Wachstum von roten Blüten am Ende der Äste zu haben, die nach kurzer Zeit verblühen. Die Blätter fallen ab und der Ocatillo geht wieder in seine Ruhephase, bis ausreichend Feuchtigkeit zur Verfügung steht …
Durch den flammenförmigen roten Blütenstand wird er auch Kerzenbusch genannt.
Nach all diesen Entdeckungen am Wegesrand ist unser erstes Ziel die Chisos, eine Bergkette. Übrigens die einzige in den USA, die sich vollständig innerhalb eines Nationalparks befinden.
Sie sind vulkanischen Ursprungs und sind eine der drei Landschaftsformen im Big Bend. Es gibt die Wüste, das Flusstal am Rio Grande und den Wald in den Bergen. Sie erheben sich auf über 2.300 Meter und werden Sky Island genannt, da sie wie eine Insel in der umgebenden Wüste wirken. Die Temperatur steigt im Sommer meist nicht über 26°C und die Niederschlagsmenge ist doppelt so hoch wie in der Ebene. Eichen, Ahorn und sogar Eschen wachsen hier zu voller Größe heran.
Dieses Klima zieht auch andere Bewohner als die Ebene an. So gibt es hier wieder Schwarzbären, die bei der Gründung des Parks in den 1940er Jahren durch Bejagung verschwunden waren. Sie sind in den letzten Jahren aus den angrenzenden mexikanischen Wäldern wieder eingewandert. Diese Schwarzbären sind auch tatsächlich schwarz, anders als in den Rocky Mountains, wo sie von blond über rot bis braunes Fell tragen. Auch Berglöwen, sehr scheu, sind hier zu Hause.
An einem kurzen Streckenstück, nicht länger als 100 Meter, scheinen die Bären oft die Straße zu queren. Daher gibt es auch eine Geschwindigkeitsbeschränkung.
Kurvig und eng windet sich die Straße immer höher hinauf. Das harte vulkanische Gestein erhebt sich über die weicheren, von Erosion betroffenen Gesteinsarten.
Hier finden wir auch die Havard-Agave, die Babsy zu ihrer Lieblingspflanze des Parks erkoren hat. Sie ist eine unscheinbare, relativ kleine Agave (siehe unten im Bild), die über Jahrzehnte Energie sammelt, bevor sie einmal in ihrem Leben einen hohen Stamm wachsen lässt, an dem sich Blüten und in der Folge dann Früchte bilden. Danach stirbt die Agave ab. Das passiert so selten, dass sie den Beinamen Century plant bekommen hat, da man ursprünglich davon ausging, dass sie nur alle 100 Jahre blüht. Tatsächlich sind es nur 30-50 Jahre, jedoch unabhängig von der Anzahl der Jahre, sondern von der Menge gespeicherter Energie. Wann immer eine Havard-Agave zu blühen beginnt, wird das gleich unter allen Rangern und Guides weitergegeben.
Zur zeit leben 25 Berglöwen in den Chisos. Das Modell im Visitor-Center ist das einzige, was wir von ihnen zu sehen bekommen haben. Sie sind größer als gedacht, etwa so groß wie eine dänische Dogge. In einem kalifornischen Park haben wir vor Jahren gelesen, dass man sich bei einem Angriff wehren soll und gezielt auf die Schnauze schlagen soll. Wenn man die Nerven dazu hat …
Hier oben gibt es eine Einkerbung im Rand der alten Caldera, durch die sie auch entwässert wird. Window, Fenster wird diese Formation genannt. Sie erlaubt einen Blick von der Ebene in die Chisos und umgekehrt ebenso.
Wer rechtzeitig bucht und bereit ist den Preis zu zahlen, kann hier oben im Nationalpark in einem Hotel übernachten.
Wir verlassen die Berge und fahren zurück in die Ebene und ihre Wüstenlandschaft. Sotols mit ihren langen Auswüchsen begleiten uns die ganze Zeit. Andere Pflanzen sind auf gewisse Bereiche des Parks beschränkt.
Bevor der Nationalpark in den 1940er Jahren entstand, war das Land hier Farmland, meist Schafe und Ziegen. Die meisten Zeugnisse von menschlicher Anwesenheit wurden kurz nach der Gründung entfernt, aber nicht alle. Wir erwandern einen Lehrpfad zur Wüstenlandschaft um eine kleine Oase, in deren Mitte ein altes, quietschendes Windrad steht, mit dem einst Wasser hochgepumpt wurde.
Wenn die Vögel keine Bäume für ihre Nester haben, dann nutzen sie Kakteen wie diesen Prickly Pear, der gleichzeitig Schutz bietet. Andere Vogelarten ernten sogar Stacheln von Kakteen, um ihr Nest damit zu schützen.
Wir finden wieder eine interessante Off-Road Strecke, die zu heißen Quellen führen soll. Wir haben ja einen Ersatzreifen, also los.
An einer Stelle wird es dann richtig eng, viel Platz bleibt nicht zwischen vorstehenden Felsen rechts und Abgrund links. Deshalb also das Fahrverbot für größere Fahrzeuge oder solche mit Zwillingsreifen.
Sie bringt uns bis ans Ufer des Rio Grande, auf der anderen Seite ist wieder Mexiko.
32°C hat es schon wieder, als wir uns auf den Weg machen, die heißen Quelle zu erkunden. In unserem Rucksack ist eigentlich nur literweise Wasser und ein nebensächlicher Feldstecher.
Wir erreichen die Grundmauern eines alten Badehauses, das schon seit Jahrzehnten nicht mehr existiert. Das Thermalwasser der Hot Springs hat 41°C und soll heilende Wirkung haben. Heute wirkt die Ruine wie ein Infinity-Pool. Direkt unterhalb fließt der Rio Grande, der bei Hochwasser die Ruine auch komplett überspült.
Wenn wir schon hier sind, dann auch gleich raus aus den Wanderschuhen und die Füsse ins heiße Wasser gesteckt. Erfrischend ist anders, aber wir haben unser obligatorisches ‚Füsse im Wasser‘ Foto.
Wieder zurück auf der festen Straße geht es das letzte Stück Straße entlang, auf dem wir von einem Tunnel überrascht werden. Ob der echt ist? Meep-meep.
Ein Coyote springt ein paar Meter vor unserem Auto über die Straße und bleibt stehen, um uns genauer zu betrachten. Natürlich haben wir auch Road Runner gesehen, doch leider versteckt er sich auf dem besten Bild immer noch in einem Busch. So nehmen wir sie nur in unseren Erinnerungen mit.
Für die Zeichentrick-Junkies unter euch: Wir können damit bestätigen, dass Wile E. Coyote und der Roadrunner hier in der Wüste leben. Kakteen, steile Klippen, enge Straßen und Tunnel (nicht aufgemalt) haben wir auch gefunden, nur die diversen roten Pfeile konnten wir nicht entdecken. Würde Arno hier wohnen, hätte er einen alten Transporter aus den 50er Jahren mit der Aufschrift ACME. Meep-meep.
Unser Weg führt uns noch einmal direkt an den Rio Grande und als wir uns durch die Bäume und das Schilf dem Fluss nähern, hören wir Glocken bimmeln. Am Ufer angekommen sehen wir eine Gruppe mexikanischer Esel, die am Ufer grasen, von denen das Geläute ausgeht.
Zum letzten Mal verlassen wir den Big Bend Nationalpark. Da wir es bisher noch nicht gezeigt haben, hier das Schild an der Zufahrt.
Wieder am Haus angekommen sitzen wir auf der Terrasse, als uns ein kleiner Hase besucht. Er springt ohne Angst in das Beet vor unserem Küchenfenster und frisst dort die jungen Triebe ab. Er sitzt in dem Suchbild zwischen den beiden Palmen.
Also kümmern wir uns auch um unser Abendessen und bereiten uns amerikanische Käsekrainer zu.
Als ob er wüßte, dass es unser letzter Sonnenuntergang hier ist, gibt er sich diesmal richtig Mühe, etwas besonderes zu bieten.
Morgen ist unser Super-Meilen-Tag. Wir fahren von Texas wieder weit zurück Richtung Nordwesten, bis nach White Sands, Nationalpark und Testgelände für Raketen des US Militärs zugleich.
Gute Nacht.