Roadtrip Südwesten der USA

Auf in die Ferne

Mehr als eineinhalb Jahre ist es her, dass wir den Süden der USA bereist und die Ufer des Mississippi erkundet haben.

Für unsere diesjährige Reise haben wir uns die Wüsten des Südwestens der USA ausgesucht. Beginnend in Kalifornien geht es über Arizona, Utha, Colorado, New Mexico bis nach Texas an die mexikanische Grenze und wieder zurück nach Kalifornien, über 6.000 km in 4 Wochen.

Begleitet uns zu einigen der bekanntesten Naturwunder der USA, wie dem Grand Canyon (diesmal aus einem anderen Blickwinkel), Arches National Park oder ins Monument Valley. Wer New Mexico bereist muss natürlich auch Roswell gesehen haben. Wer Bilder vom Hollywood Sign oder dem Chinese Theater in LA erwartet, wird auch diesmal entäuscht, wie immer meiden wir das Urbane und suchen die Wildnis.

Babsy & Arno

Über den großen Teich bis nach Barstow

Früh morgens geht es zum Flughafen um non-stop nach Los Angeles zu fliegen. Wir reisen mit Austrian, was den Vorteil hat, dass es an Bord österreichisches Bier gibt und Babsy ein letztes Mal noch in den Genuss eines solchen kommt.

Nach einem ruhigen Flug landen wir in der Hauptstadt der Filmwelt. Die Immigration stellt sich uns in Form einer schier endlosen Schlange an Einreisewilligen dar. So verbringen wir einige Zeit tief unten im Bauch des LAX-Flughafens. So detailliert wurden wir bisher noch nicht befragt, bis hin zum Hotel, in dem wir die erste Nacht verbingen.

Es dauert so lange, dass das Gepäck schon nicht mehr am Förderband kreist, sondern von Arbeitern an der Seite aufgeschlichtet wurde. Nun geht es zur Autovermietung, um unseren Reisebegleiter abzuholen, einen Jeep Wrangler. Zum einen, da wir ein off-road taugliches Fahrzeug brauchen und zum anderen, da die Dame des Hauses schon immer mit einem unterwegs sein wollte. Und nicht zu vergessen unsere Eve, Urgroßmutter aller Jeeps.

Ein Kelch geht an uns vorüber, als wir das Auto ausfassen. 30 Sekunden hinter uns kommt eine Familie, die ebenfalls einen Wrangler gemietet hat, im Moment ist jedoch nur einer am Platz. Und der ist unser. 😛 Zu deren Glück müssen sie nur ein paar Minuten warten, zu unserem bekommen wir den weißen und nicht den blauen (geht für Babsy gar nicht).

Rein in den Verkehr einer 3,8 Millionen-Stadt. Räudige Autos, die immer noch am Verkehr teilnehmen dürfen, sind wir ja schon gewohnt, aber das Erlebnis in einer kleinen Seitenstraße toppt so einiges. Beim Bremsen fliegt die Motorhabe eines entgegenkommenden Auto im hohen Bogen vor demselben krachend auf die Straße. Die strukturelle Integrität war wohl nicht mehr die beste. Also steigt der Fahrer aus, hebt die Motorhaube hoch und .. nein er wirft sie nicht in oder auf sein Auto, sondern gleich direkt in den nächstegelegenen Vorgarten und fährt weiter – die Stadt der Engel.

Ach ja, in dieser Gasse beginnt auch der Stau, mit dem wir uns für die nächsten 4 Stunden gaaanz langsam aus LA verabschieden.

Am Weg nach Barstow schauen wir bei einem Freilichtmuseum für militärische Flugzeuge vorbei, in dem sie unter anderem zwei SR71 Flugzeuge ausstellen. (Korrektur nach Hinweis eines aufmerksamen Kenners der Flugzeuge, eine SR71 und eine A12, die wir ob ihrer optischen Ähnlichkeit nicht auseinanderhalten konnten). Wer unsere Reisen schon länger verfolgt, hat eine Ahnung, was jetzt kommt. Bis 2026 wegen Umbauarbeiten geschlossen. 🙁 Ob der Uhrzeit wären wir aber auch schon zu spät und so bleibt uns nur ein schnelles Foto durch den Zaun, bevor wir im Dunkel der Nacht Richtung Barstow weiterfahren.

Endlich in unserer Unterkunft angekommen lassen wir das Abendessen aus und fallen ins Bett. Unser längster Hochzeitstag endet nach 33 Stunden. Gute Nacht liebe Leser.

Die Route 66

Schon vor ein paar Jahren haben wir einen Teil der Route 66 in Kalifornien und Arizona erkundet. Diesmal wollen wir ein paar Lücken schließen. Früh morgens verlassen wir Barstow und fahren durch die Mojave Wüste, natürlich abseits der großen Straßen.

Bald erreichen wir das erste Stück der berühmten Motherroad 66, die von Chicago nach LA führt und in der Zwischenkriegszeit Zehntausende aus den armen Regionen im Nordosten in das gelobte Land Kalifornien weit im Westen brachte. Schon vor Jahrzehnten wurde ihr von der Interstate 40 der Rang abgelaufen und sie verschwand in der Bedeutungslosigkeit.

Nichts desto Trotz ist sie heute Kult und für viele eine Reise über die volle Länge wert, natürlich in der Richtung von Chicago nach LA befahren, wie es auch damals war. Wir schwimmen gegen den Strom und bereisen sie in Richtung Osten.

Gerade, als wir uns einem Bahnübergang nähern, hören wir das Ding-Ding-Ding der Schrankenanlage und sehen einen Güterzug heranbrausen.

Wieder ist uns das Glück hold und die 3 Lokomotiven ziehen nur etwa 60 Wagons hinter sich her, hier in den USA können es bis zu 360 sein, da steht man dann länger. Hinten schieben 2 weitere diesel-elektrische Lokomotiven mit je 4.400 Pferdestärken an.

Nun wird es aber auch langsam Zeit, dass wir euch unseren Reisebegleiter vorstellen, Poidl.
Sein Antrieb hat ein klein wenig mit den Lokomotiven gemeinsam, denn auch wir haben einen Elektromotor mit an Bord, aber nicht ausschließlich wir fahren einen Jeep Wrangler 4xe mit Hybridantrieb.

Die Hecktüre hat ein nettes Feature, eine Abstellfläche für Getränkedosen oder -flaschen, gleich beim Frühstück verwendet.

Viele der Details sind von seiner Urgroßmutter, unserer Eve inspiriert, etwa die Türen, die man aushängen kann, das Reserverad am Heck, die eckigen Kotflügel, dass Design der Schnauze und dass man ohne Dach fahren kann. Es ist aus Fiberglas und läßt sich mit wenigen Handgriffen entfernen. Wir haben nur den vorderen Teil entfernt. Unter den Dachpaneelen befindet sich ein Überrollkäfig, bis nach hinten in den Kofferraum.

Also Sonnencreme heraus und es geht los.

Hier sieht man auch das Kennzeichen, das uns zum Namen Poidl inspiriert hat.

Wir besuchen eine Berühmtheit der Route 66, Roys Cafe, ursprünglich eine Tankstelle, ein Motel und ein Cafe, das heute nur mehr eine Touristenattraktion ist. Die kleinen Häuschen auf der linken Seite konnte man auf seiner Reise in eine bessere Zukunft mieten.

In der Tankstelle riecht es immer noch nach Benzin, obwohl sie seit Jahrzehnten geschlossen ist. 2003 wurde die verfallene Anlage hier in Amboy vom Philantropen Albert Okura gekauft, um sie für die Nachwelt zu erhalten.

Weiter geht es zuerst über den Colorado River bei Bullhead City nach Arizona und dann weiter nach Oatman, eine der großen Attraktionen auf der Route 66. Wir fahren über eine enge, steile und sehr kurvige Straße durch die Black Mountains zu der alten Goldgräberstadt. Wie es in den 1930 Jahren mit den damaligen Motoren den Reisenden hier ergangen sein muss, kann man nur erahnen. Hier wird nicht nur ein Flathead-Motor den Hitzetod gestorben sein.

Oatman ist für die unzähligen Burros, wilde Esel bekannt, die hier auf der Hauptstraße spazieren und die Unmengen an Touristen, die hierher kommen.

Am Straßenrand wachsen Cholla-Kakteen, die für ihre bösartigen Stacheln bekannt sind. Sie sind scharf wie ein Skalpell und durchdringen die Haut sehr einfach, brechen ab und müssen dann chirurgisch entfernt werden, was sehr schmerzhaft ist. Also Finger weg und weiter.

Von Oatman geht es über Kingman, wo wir vor ein paar Jahren im Mr. D’z Diner gefrühstückt haben, weiter nach Seligman. Es ist überraschend wenig los, die meiste Zeit fahren wir alleine über die Route 66. Selbst in den touristischen Hotspots ist kaum etwas los.

Wir erreichen Flagstaff, AZ, einen zentralen Wegpunktt, den fast jeder, der hier im Westen unterwegs war, durchquert hat. Bei unserem letzten Besuch haben wir hier zufällig eine Fastfood-Kette entdeckt, die sofort zu unserem Liebling wurde – Raising Canes. Somit war von Anfang an klar, wo wir unser Abendessen herbekommen.

Am jungen Publikum und der Belegschaft erkennt man gleich, dass Flagstaff eine Universitätsstadt ist.

Hier gibt es nur ein Produkt, Chickenfingers mit Pommes, Coleslaw, getoastetem Brot und einer Sauce. In verschiedenen Portionsgrößen, das wars.

Nachdem wir unser Motel direkt an der Route 66 bezogen haben, begibt sich Arno an den Bahndamm auf der anderen Straßenseite. Mehr als 80 Güterzüge durchqueren diese Stadt täglich und eben einen solchen möchte er aus nächster Nähe sehen.

Man mag es nicht glauben, aber die Sonne war schon lange untergegangen, als er seinen Posten auf einem Schotterhaufen verlassen hat, ohne einen Zug zu sehen. Vorbei an benachbarten Motels wandert er in Richtung seines Bettes, wo er entäuscht in den Schlaf sinkt. Vielleicht wirds morgen doch noch etwas, Babsy hat da eine Idee …