Ernüchterung

Die Wolken und der Regen haben uns wieder eingeholt, aber das soll uns nicht abschrecken und es geht los, um den Haast Paß und seine Umgebung zu erkunden. Unser erstes Ziel für den Tag sind die Blue Pools am Weg zur Paßhöhe.

Der nur 20 Minuten lange Track hat einen kleinen Parkplatz, von dem aus es los geht. Klein war er vor 8 Jahren, nun ist er fast 300 Meter lang und voll von Autos und Bussen! Das letzte Mal haben wir auf dem Track ein Pärchen getroffen, ansonsten Stille und Ruhe.

Hängebrücke zu den Blue PoolsMittels einer Hängebrücke überqueren wir den Makarora River, um zu einem Seitenarm zu kommen, der für seine intensive türkisblaue Farbe und klares Wasser bekannt ist. Leider hat der Regen der letzten Tage viel Steinabrieb ins Tal transportiert und so sind die Pools grau. Es dauert ein paar Tage, bis sich das wieder ändert.

Stau an der HängebrückeAm Rückweg bietet sich dann ein wenig erbaulicher Anblick. Ein neuer Bus Chinesen will über die Brücke, teilweise panisch ob der schwingenden Hängekonstruktion. Zum Glück sind wir in der Gegenrichtung unterwegs und schaffen es noch rechtzeitig auf die andere Seite.

Viel mehr Touristen bedeutet auch viel mehr Verkehr. Dieser Tatsache geschuldet hat sich die Straße über den Haast Paß verändert. Etliche One Lane Bridges wurden durch zweispurige Brücken ersetzt, um die Blechlawine am fließen zu halten. Die Straße wurde verbreitert, um autobustauglich zu sein. Den Großteil der Fahrzeuge machen Individualtouristen aus, die mit ihren Autos, so wie wir, den einzigen Übergang zur Westküste hier im Süden, queren. Will man die ganze Südinsel besuchen, so darf die West Coast mit den Gletschern, Regenwäldern und der rauhen Küste nicht fehlen. Also kommen hier alle durch. Viele der Fahrer sind zum ersten Mal auf der ‚falschen‘ Straßenseite unterwegs oder kennen nur den Stadtverkehr. Kurven und Berge werden da zu Angstgegner. Kolonnen sind damit unvermeidlich und verstärken das Gefühl des Massentourismus noch mehr.

Brücke über Haast River

Wir haben die Paßhöhe erreicht und fahren nun bergab. Eine der bekanntesten einspurigen Brücken des Landes ist jene, die hier den Haast River quert. Es gibt einen kleinen Parkplatz und man kann unter die Brücke spazieren, um direkt zum donnernden Haast River zu gelangen. Aus Sicherheitsgründen und/oder zur Bequemlichkeit wurden in den letzten Jahren die Felsen unterhalb der Brücke mit Beton aufgefüllt. Nicht sehr attraktiv. 🙁

Ship CreekUnser nächstes Ziel istSumpfwald Ship Creek Ship Creek. Der kurze Spaziergang führt durch einen Regenwald, wie er hier seit Millionen Jahren gedeiht. Direkt im Sumpf gelegen, der in den Strand und das Meer übergeht, ein Paradebeispiel der West Coast Vegetation.

Das Einzige was hier stört sind die Myriarden an Sandflies, den mistigsten Biestern in diesem Land. Die kleinen schwarzen Stechmücken fliegen lautlos und haben einen kaum bemerkbaren Stich. Die Rötung und Schwellung, die dann folgt, hat es in sich. Sie beißt und juckt mehr als alles, was Europa in diesem Bereich zu bieten hat. Die Namu, so ihr Maoriname, wurden von einem Gott
geschaffen, um die Menschen vom Land aufs Meer hinaus zu treiben.

Apropos Myriarden, so sieht der, ebenfalls starkParkplatz vergrößerte Parkplatz aus. Die Busse stehen ums Eck.

Es gibt hier einen kleinen Aussichtsturm, von dem man den Strand gut einsehen kann. Das ist schmerzfreier, als auf die Sandfläche zu gehen, denn dort schwirren schwarze Wolken aus Sandflies. Niemand bleibt dort länger als für ein paar Photos und oft werden es weniger, als geplant.

Ship Creek

Roaring BillyWir drehen wieder um und fahren zurück zu unserem Quartier. Am Weg hinauf, entlang dem Haast River gibt es einen Wasserfall namens Roaring Billy Falls, der nach dem Regen der letzten Tage sicherlich imposant ist. Und so ist es auch. Er liegt auf der anderen Seite des Flusses, der nur einen kleinen Teil seines breiten Bettes nutzt. So kann man sich ihm über den groben Flußkiesel nähern.

Haast RiverAuch hier ist es nichts mit Ruhe und Naturgenuß, eine Schlange an Neugierigen pilgert zu dem Wasserfall.

Ernüchtert machen wir uns auf den Heimweg. Das Neusseland, wie wir es vor Jahren kenn- und lieben gelernt haben, ist mittlerweile für viele andere ebenso sehenswert geworden. Viel von seinem Charm ist im Massentourismus verloren gegangen. Solche Massen erwartet man am Peterplatz in Rom, am Eifelturm oder in der verbotenen Stadt, hier in der Natur stören sie sehr.

Wir ziehen unsere Lehren aus diesem Tag und werden alle, auch nur annähernd wichtigen und großen Attraktionen des Landes auslassen und uns ausschließlich auf die unbekannten und kleinen, aber nicht minder interessanten Orte konzentrieren. Die Gletscher werden fix ausgelassen, das wollen wir uns nicht antun.